Freitag, 26. Mai 2006

Bilbao

Bilbao

In dem kleinen Zelt
faszinierende Urform
von Wolkenkratzern.

Viele Wege gibt’s
keiner hat ein Ziel, doch was,
was ist, wenn man es erreicht?

Ich hörte von wem,
er sei 6x gelaufen.
Kam er an sein Ziel?

Ich sprach mit einem
der fuhr einst per Rad weit her -
nun geht er den Weg.

Eine erzählte
nach den Jahresetappen
ging sie von daheim.

Eine andere
will nun ohne Partner geh’n
ganz unabgelenkt.

Dieser Camino
unabhängig vom Alter
zieht er Menschen an.

Jakobsweg gehen
Menschen vom ganzen Globus
wieso nur, wieso?

Wegen der Pfeile
bedarf man keiner Karte.
Der Kopf ist Kompass.

Mann, 76,
schafft 30 km/Tag
wo kommt die Kraft her?

Beim Abflug nach Mallorca traf ich eine gut aussehende, gepflegte, ca. 40-jährige Pilgerin. Sie sei, sagte sie nach Befragung vage, aus dem Süden Stuttgarts. Daneben erzählte sie mir kleine Erlebnisse. Sie ginge jedes Jahr drei Wochen mit leichtem Gepäck. In Frankreich habe sie vor zwei Jahren begonnen. Nach dem Jahr ihrer Ankunft wolle sie dann von Stuttgart zum Anfangspunkt laufen, um den Weg zu vollenden. Es war eine nette, kurzweilige Unterhaltung, die dann auch den Aufenthalt in Mallorca, sie musste wie ich dort umsteigen, angenehm verkürzte. Man trifft im Leben stets die, die man treffen will und soll. Schließlich geschieht nichts zufällig, alles hat eine Ursache und muss notwendiger weise geschehen. Als ich kurz darauf daheim abends durch die TV Programme zippte, vermeinte ich diese Pilgerin in einer Serie als Hauptdarstellerin wieder zu erkennen. In der TV-Zeitung fand ich ihren Namen – ich kenne keine Schauspieler - und im Internet ihr Bild. Nun verstehe ich, weshalb sie sich über Persönliches zurückhielt. Im Gegensatz zu anderen Pilgern hätte ich sie jedoch nicht um eine Erinnerungsunterschrift oder, was ich noch ätzender finde, ein gemeinsames Foto gebeten. Ich sammle viel, z.B. Atlanten, Schweine, Matshbox Rolls Royce, Kompasse, Würfel u.a. aber keine Autoramme. Unterschriften gebe ich beruflich schon genug. Shirley MacLaine berichtet von unangenehmen Autogrammjägern. Auch VIPs brauchen ihre Ruhe. Mich reizen sie nicht. Bin ich froh, keiner zu sein. Ich akzeptiere, dass diese sympathische Schauspielerin nicht erkannt werden, ein namenloser Pilger, wie alle anderen sein wollte. Das soll auch hier so bleiben. Ich fand sie natürlich, menschlich, nicht eitel oder affig oder gar schicki-micki. Nie wäre ich auf die Idee gekommen, sie sei Schauspielerin. Ich lernte ja auch noch keine kennen. Wie nun wieder festgestellt, verlockt der Weg selbst Prominente. Ihnen will man dafür keine Sensibilität zutrauen. Zuletzt hat Hape Kerkeling seinen ehrlichen, kurzweilig zu lesenden Camino Bericht vorgelegt. Solche VIPs und die vielen Millionen namenlosen Unbekannten zeigen: Der Jakobsweg zieht an, bewegt Füße, Herzen u n d Seelen, selbst bei denen, bei denen man es eigentlich zuletzt erwartet - wie z.B. auch bei mir, dem Unsportlichem.

Aus großer Höhe
sind die Menschen unsichtbar
doch Herzen schlagen.

Die Traurigkeit wächst
mit dem Mehr an Entfernung
einsam ist das Herz.

Tief ist dann das Loch
mit allen Erlebnissen.
Mühsam ’s Rauskrabbeln.

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